Ich finde, wir sind es der jüngeren Generation schuldig, unsere Erfahrungen und Erfolge - besonders  im Bereich finanzieller Unterstützung - weiterzugeben.

Wir sprachen mit Fitsame Woldemichael, einem Mitglied der äthiopischen Diaspora, Kinderbuchverlegerin und Projektmanagerin. Über WIDU unterstützte sie eine junge äthiopische Autorin, Yamrot, beim Aufbau eines sozialen Unternehmens, das sich darauf konzentriert, Kinder durch kulturell relevante Bücher zu stärken. In ihrer Zusammenarbeit kamen Mentorschaft, Kreativität und gemeinsame Werte zusammen, um Herausforderungen zu überwinden und die Wirkung zwischen den Generationen zu fördern. 

 

Bitte erzählen Sie uns ein bisschen über sich selbst. 

Mein Name ist Fitsame und ich komme aus Äthiopien. Vor 10 Jahren bin ich nach Deutschland gezogen und lebe seit 6 Jahren in Berlin, um meinen Master zu machen. Ich bin Herausgeberin von Kinderbüchern und Projektmanagerin für ein Gemeinschaftsprojekt in Sierra Leone und Äthiopien. Das ist mein Vollzeitjob. Seit meinem Umzug nach Deutschland veröffentliche ich Bücher. Später, wenn ich über die Projekte spreche, die ich unterstützt habe, wird deutlich, warum das wichtig ist. Neben der Projektunterstützung habe ich in den letzten zwei Jahren auch als Kontaktperson für die Diaspora gearbeitet, um die Bekanntheit von WIDU zu erhöhen und habe dadurch ein tieferes Verständnis des Projekts gewonnen. Außerdem habe ich einen Hintergrund in Kinderrechten. Die Projekte, an denen ich momentan arbeite, drehen sich um Bildung und Empowerment von Frauen in den beiden genannten Ländern. 

 

Können Sie uns bitte mehr über Ihre Erfahrungen mit der Teilnahme am WIDU-Projekt berichten?  

Mein erster Kontakt mit WIDU war vor ein paar Jahren. Damals hatte ich kein bestimmtes Familienmitglied oder Freund*in, die ich unterstützen wollte, daher blieb es eher in meinem Hinterkopf. 2022 kam ich dann wieder in Kontakt mit einem Frau, die ich von früher kannte, einer jungen Autorin. Sie ist die jüngere Schwester einer Freundin, die ich kenne, seit sie ein kleines Mädchen war. Sie spricht immer noch über ihren ersten Kontakt mit der Welt der Bücher, den sie durch ein Buch hatte, das ich ihr gegeben habe. Jetzt, da sie erwachsen ist, hat sie selbst angefangen, Bücher zu veröffentlichen. Es war offensichtlich, was ich zu tun hatte. Sie hat auch einen Hintergrund in sozialer Arbeit, aber sie veröffentlicht in Teilzeit. Das erinnerte mich irgendwie an mich selbst, als ich noch Zuhause war. Ich hatte meinen Hauptjob, aber ich war immer dabei, Geschichten zu schreiben und zu veröffentlichen. Wer weiß, was ich damals hätte erreichen können mit etwas finanzieller Unterstützung. 

 

Denken Sie an ein Projekt, das Sie in Ihrem Heimatland unterstützt haben. Welche Kenntnisse und Fähigkeiten haben Sie erfolgreich in die Projekte eingebracht? 

Neben dem finanziellen Aspekt habe ich sie auch beistrategischen Fragen unterstützt, zum Beispiel bei der Vermarktung von Büchern und wie man diese der Gemeinschaft zur Verfügung stellt. Wir haben auch über kreative Wege nachgedacht, wie man Bücher mehr an Kinder heranbringen kann, einschließlich der Preisgestaltung. Vor zehn Jahren habe ich ähnliche Projekte durchgeführt, und in dieser Zeit hat sich viel verändert. Es war daher ein interessanter Prozess für uns beide. Schließlich haben wir einige kreative Möglichkeiten entwickelt, beispielsweise Straßenverkäufer einzubeziehen. Ich betrachte das Projekt als erfolgreich und werde auf jeden Fall mehr mit ihr zusammenarbeiten. Sie ist eine der Personen, die einem Hoffnung für die jüngere Generation gibt. Sehr gut im Ausdruck und sehr scharfsinnig im Umgang mit begrenzten Ressourcen. Was ich von diesem Projekt gelernt habe, ist, dass man als Mentorin auch Personen außerhalb der eigenen Familie unterstützen kann. Jemand, der in deinem Arbeitsbereich tätig ist oder in einem Feld, das dich begeistert. Wie überall funktioniert das durch Netzwerken. Am Ende haben Yamrot und ich die gleiche Zielgruppe, nur an einem anderen Ort. Als nächstes möchten wir erkunden, wie wir noch mehr über das WIDU-Projekt hinaus machen können. Das Projekt hat uns das Potenzial gegeben, zu sehen, was ich mit ihren Büchern machen kann und sie mit meinen. Es wurde also irgendwie zu einer generationenübergreifenden Zusammenarbeit. 

 

Welche Herausforderungen haben Sie bei der Unterstützung von Projekten in Ihrem Heimatland erlebt und wie haben Sie diese bewältigt? 

Eine der größten Herausforderungen, der wir uns gegenübersahen, war eine, die möglicherweise jeder irgendwann erlebt. Nachdem wir das Projekt gestartet hatten, stiegen die Druckkosten erheblich. Der Druckbereich ist in Äthiopien generell sehr instabil. Irgendwann waren die Preise so hoch, dass wir nicht mehr wussten, was wir tun sollten. Ich glaube, viele Menschen begegnen dieser Herausforderung irgendwann. In diesem Sinne half es sehr, dass meine Projektpartnerin so kreativ war und bereit war, verschiedene Wege auszuprobieren. Es geht nicht nur darum, Geld zu überweisen, das ist leicht. Viel wichtiger ist es, den Weg gemeinsam zu gehen und Lösungen zu finden. 

 

Was motiviert Sie dazu, weiterhin in die Entwicklung Ihres Heimatlandes zu investieren, und welchen Rat würden Sie anderen Mitgliedern der Diaspora geben, die ähnliche Beiträge leisten möchten?  

Ich denke, für ein Diaspora-Mitglied, also jemanden, der außerhalb seines Heimatlandes lebt, ist es selbstverständlich. Es ist dieses Gefühl, dass du dein Leben zwar hier führen möchtest, aber es gibt immer eine positive Verbindung zu deinem Herkunftsland. Ich denke, die meisten Leute der Diaspora haben das gleiche Gefühl. Die Verbindung und der Wunsch, zu sehen, dass sich Dinge zum Besseren verändern, sind immer da. Das ist für mich der größte Faktor, der mich motiviert oder anspornt, etwas zu tun. Was ich an dem Projekt besonders liebe, ist die Einbindung der Diaspora. Insgesamt würde ich sagen, dass jeder, der außerhalb des Herkunftslands lebt, für Freunde und Familie da sein möchte und auch generell für die Gemeinschaft. Wenn ich zum Beispiel hier die Verfügbarkeit von Büchern sehe und wie Menschen Zugang zu so viel Wissen haben, dann möchte ich das auch für Kinder, die in meinem Heimatland aufwachsen. Sie sollen ebenfalls diesen Zugang haben. Es geht auch um die jüngere Generation, wie Yamrot, die wirklich einen Unterschied machen kann. Wenn du durch diesen Prozess gehst, ist es auch ein Mentorship. Ich habe das Gefühl, dass wir es der jüngeren Generation schuldig sind, das zu teilen, was wir gelernt oder erreicht haben, indem wir sie finanziell unterstützen.