Expert*innen diskutieren Finanzierungsoptionen für afrikanische Kleinst- und Kleinunternehmen (KKMU) und welche Rolle die afrikanische Diaspora dabei einnehmen kann.

24.11.2023 - Am 22. November veranstaltete WIDU.africa im Rahmen der Make-IT-in-Africa Africa Start-up Connect Week in Berlin die Podiumsdiskussion "Enhancing Access to Finance and Skills for African SME's together with the African Diaspora". Während des Austauschs diskutierten Expert*innen und eine afrikanische Unternehmerin aus Kenia über die Herausforderungen, mit denen afrikanische Unternehmen konfrontiert sind und erörterten praktische Lösungen für widerstandsfähige und produktive KKMU in Afrika. Die Diskussionsteilnehmer*innen erörterten unter anderem die Optionen, die afrikanischen Unternehmer*innen zur Finanzierung ihrer Geschäftsideen zur Verfügung stehen sowie die mit den einzelnen Optionen verbundenen Herausforderungen. Eine weitere wichtige Erkenntnis war die Betonung der Bedeutung und des Potenzials der Nutzung von finanziellen und sozialen Überweisungen der Diaspora in diesem Zusammenhang.

Anschauliche Darstellung aus dem Unternehmertum

Expert*innen diskutieren Finanzierungsoptionen für afrikanische Kleinst- und Kleinunternehmen (KKMU) und welche Rolle die afrikanische Diaspora dabei einnehmen kann.
Florence Mogere, owner of the Kenyan company Nyota Limited, talks about challenging bureaucracy and difficulties in accessing finances
Expert*innen diskutieren Finanzierungsoptionen für afrikanische Kleinst- und Kleinunternehmen (KKMU) und welche Rolle die afrikanische Diaspora dabei einnehmen kann.

Die Unternehmerin Florence Mogere eröffnete die Podiumsdiskussion und beschrieb die Herausforderungen, mit denen sie im Laufe ihrer Karriere konfrontiert war. "Die Supermärkte wollten endlich meine Produkte verkaufen - da stieß ich auf das Problem der Bürokratie", erinnert sie sich. Es war kompliziert, Dokumente auszufüllen, und das Verfahren dauerte lange: "Das war für mich als junge Unternehmerin nicht einfach." Auch Geld sei ein Thema gewesen, insbesondere wenn es darum ging, Investoren von ihrer Geschäftsidee Frozen Isle zu überzeugen. Letztendlich profitierte Florence von ihrer Teilnahme an WIDU.africa. Auch mithilfe einer Diaspora-Rücküberweisung ihrer Förderin konnte sie benötigte Ausrüstung für ihr Unternehmen anschaffen.

Entweder Diaspora oder Bankkredit? Finanzierungsoptionen für afrikanische KKMU

Emmanuel A. Nomafo erörtert Kern-Herausforderungen von afrikanischen KKMU bei der Suche nach Bankkrediten.
Emmanuel A. Nomafo discusses key challenges faced by African MSMEs in their search for bank loans.
Emmanuel A. Nomafo erörtert Kern-Herausforderungen von afrikanischen KKMU bei der Suche nach Bankkrediten. 

Emmanuel Nomafo, Experte für die Anbindung von KKMU an Finanzierungen und Märkte, konzentrierte sich auf das Thema Zugang zu Fremdfinanzierung für KKMU. Afrikanische Unternehmer*innen stehen vor folgenden Herausforderungen: 1) Begrenztes Kreditangebot für kleinere Unternehmen, wobei Großkreditnehmern Vorrang eingeräumt wird, 2) hohe Zinssätze, die die Kreditkosten hoch und unerschwinglich machen, 3) hohe Anforderungen an Sicherheiten, in der Regel in Form von Anlagevermögen (Grundstücke oder Gebäude), da das Risiko der Kreditvergabe als hoch eingeschätzt wird, 4) komplexe Antragsverfahren, wie z. B. strenge Durchführbarkeitsprüfungen und Mindestanzahlungen, und 5) kürzere Kreditrückzahlungsfristen, als es der Zyklus eines Unternehmens vom Typ "WIDU" erfordern würde. Die Banken hingegen sehen sich 1) einem Mangel an zuverlässigen Informationen über den Unternehmer, 2) einem fehlenden Business Case für die "fehlende Mitte" und 3) hohen Risiken aufgrund möglicher Kreditausfälle gegenüber. Bei letzterem geht es nicht nur um die Qualität des Unternehmens oder der Sicherheiten, sondern auch um das Risiko, dass der Unternehmer mehrere Kredite bei verschiedenen Instituten gleichzeitig beantragt (doppelte Kreditvergabe) und damit eine Überschuldung riskiert. Nationale Kreditauskunfteien, die wie die Schufa in Deutschland neutrale Informationen über die Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers zentral sammeln und den Banken und (auch den Kreditnehmern) zur Verfügung stellen könnten, sind entweder nicht vorhanden oder unterfinanziert.

"Natürlich kennen auch wir diese Herausforderungen, vor denen afrikanische KKMUs stehen", erklärt Georg Koeppinghoff von WIDU.africa: "WIDU ist zwar eine gute Lösung, um die unterstützten Unternehmer und Unternehmerinnen näher an den Markt zu bringen, aber wir wollen in unserer zweiten Phase noch einen Schritt weiter gehen: Deshalb streben wir in der zweiten Phase des WIDU.africa-Projekts eine Kooperation mit afrikanischen Banken an." Die Idee dahinter: WIDU stellt Nutzerdaten zur Verfügung und im Gegenzug erhalten die Unternehmen von den Banken zinsverbilligte Kredite, eine Art Anschlussfinanzierung, für die sich Unternehmen qualifizieren können, wenn sie bereits dreimal an dem Projekt teilgenommen haben.

Rahmenbedingungen für Finanzierungen afrikanischer KKMU’s müssen sich ändern

Mavis Owuso-Gyamfi plädiert für vereinfachten Handel auf dem afrikanischen Kontinent und die Entstehung von Exzellenzzentren, um Produktionsketten auf dem Kontinent zu etablieren.
Mavis Owuso-Gyamfi pleads for simplified trade on the African continent and the creation of centres of excellence to establish production chains on the continent.
Mavis Owuso-Gyamfi plädiert für vereinfachten Handel auf dem afrikanischen Kontinent und die Entstehung von Exzellenzzentren, um Produktionsketten auf dem Kontinent zu etablieren.

Mavis Owuso-Gyamfi, die für den Think Tank ACET arbeitet, konzentrierte sich auf ein übergreifendes Thema, das dennoch große Auswirkungen auf die Entwicklung von KKMU in Afrika hat. Am Beispiel der Kakaoproduktion beschrieb sie diese Herausforderung: "Ist es nicht verwunderlich, dass afrikanische Länder alle Rohstoffe für die Schokoladenproduktion in Länder wie die Schweiz exportieren und diese Schokolade nur als fertige Tafelschokolade wieder in den Supermarktregalen der afrikanischen Länder landet?" Damit der gesamte Produktionsprozess in Afrika stattfinden kann, wäre ein vereinfachter Handel zwischen den afrikanischen Ländern notwendig, um die Einfuhr von Schokoladenrohstoffen innerhalb des Kontinents zu ermöglichen. Auch die Schaffung afrikanischer Kompetenzzentren, die sich auf bestimmte Produktionsschritte spezialisieren, ist ihrer Meinung nach eine Möglichkeit.

Podiumsdiskussion vor Hintergrund internationaler Konferenz

Die gutbesuchte Podiumsdiskussion fand im Rahmen der Make-IT in Africa Start-up Connect Week and the G20 Compact with Africa Konferenz statt und zielte darauf, sowohl die Herausforderungen, vor denen Kleinstunternehmen in Afrika stehen als auch ihre ungemeine Bedeutung für afrikanische Wirtschaften hervorzuheben und Lösungsansätze zu diskutieren. WIDU lud unter anderem auch drei Unternehmen aus Kamerun, Ghana und Kenia ein, die die Gelegenheit erhielten, ihre Ideen gemeinsam mit anderen Unternehmer*innen zu diskutieren und diese Olaf Scholz und Svenja Schulze, Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vorzustellen.